Was reizt Menschen am Beruf als Rechtsanwält:innen und warum möchten sie diesen in Zukunft (nicht) weiter ausüben?

 

Unsere im Jahr 2020 durchgeführte Umfrage, an der 210 Personen teilgenommen haben, zeigt auf, dass der Beruf als Rechtsanwältin/Rechtsanwalt als „spannend“, „abwechslungsreich“, „interessant“, „erfüllend“, „finanziell attraktiv“ „krisensicher“, „intellektuell fordernd“ und „schön“ beschrieben wird. Man kann „etwas bewirken und die Gesellschaft wesentlich mitgestalten“ und der Beruf bietet „fachliche/juristische Entwicklungsmöglichkeiten“, „selbstständiges sowie eigenverantwortliches Arbeiten“ und „Entfaltung“. Neben dem „guten Ansehen“, den „guten Verdienstmöglichkeiten“ und dem „Kontakt mit Menschen“ ist insbesondere der „Arbeitsinhalt“ und „der juristische Tätigkeitsbereich“ ein ausschlaggebendes Kriterium dafür, dass Menschen den Beruf gerne und auch zukünftig weiter ausüben möchten.

Dass der Beruf für viele Leidenschaft und zugleich „Berufung“ ist, nehmen wir auch in unseren Gesprächen in der Rolle als Personalberaterinnen wahr. Dennoch sind wir – obwohl die Tätigkeit an sich Freude bereitet – oftmals mit dem Wunsch eines Beruf- bzw. Branchenwechsels konfrontiert. Was die Gründe dafür sind, haben wir in unserer Umfrage untersucht und diese liegen größtenteils in der Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen.

Die gute Nachricht dazu ist, dass Arbeitsbedingungen von Kanzleien und deren Führungskräfte aktiv gestaltet werden können. Attraktive Arbeitsbedingungen sind eine zentrale Grundlage für eine hohe Arbeitszufriedenheit und diese führt dazu, dass die Fluktuationsrate niedrig bleibt.

Die Ergebnisse unserer Umfrage zeigen klar auf, welche Veränderungen durchgeführt werden müssen, sodass die Arbeitsbedingungen als attraktiv wahrgenommen werden.

Spitzenreiter bei den Veränderungswünschen ist die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben: 90,55 % der Befragten halten in diesem Zusammenhang eine Veränderung für notwendig. Dass der Beruf kein „9-5 Job“ ist, ist kein Geheimnis. Auch dass es „Spitzen“ in gewissen Zeiten gibt, stellt nur für wenige ein Problem dar, da dies in der Natur des Anwaltsberufes liegt (Fristen etc). Der Großteil, derjenigen, die die Ausbildung zur:zum Rechtsanwältin/Rechtsanwalt beginnen, haben diesbezüglich realistische Vorstellungen und auch Verständnis dafür.

Ungeachtet dessen wünschen sich die Teilnehmer:innen der Umfrage ein größeres Verständnis und mehr Akzeptanz dafür, dass es neben dem Berufs- auch ein Privatleben gibt. Die Teilnehmer:innen wünschen sich, dass auch auf andere Bereiche des Lebens und auf die Bedürfnisse Rücksicht genommen wird. Insbesondere Familie, Freizeit und eben Privatleben spielen hier eine Rolle.

Weiters wird einerseits der Wunsch zum Ausdruck gebracht, Arbeitszeitmodelle wählen zu können, die auf die jeweilige Lebenssituation Rücksicht nehmen (z.B. die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit.) Andererseits werden „flexiblere Arbeitszeiten“, „eigene Zeiteinteilung“, „Gleitzeit“, „Vertrauensarbeitszeit, sodass die Möglichkeit besteht an Werktagen private Dinge (stundenweise) zu erledigen ohne Verbrauch von Urlaubstagen“ ins Treffen geführt.

Aus den getroffenen Aussagen zeigt sich, dass grundsätzlich der Wunsch nach „mehr Flexibilität“ und „flexible Gestaltungsmöglichkeiten“ vorliegt. Dieser Wunsch wird insbesondere hinsichtlich des Arbeitsortes konkretisiert. So soll die Situation rund um den Arbeitsort flexibler gestaltet werden („Flexibler Arbeitsort“) und die Home-Office-Möglichkeit gegeben sein. Dazu folgende Beispielaussagen: „Kombination Home-Office und Bürozeiten“ und „Weniger Zeit in der Kanzlei verbringen“.

Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass Menschen effizient und mit Freude ihre Arbeitsleistung erbringen können, wodurch zum Wohle und Gesamterfolg der Kanzlei beigetragen wird, ist klar eine Führungsaufgabe. Doch brauchen Führungskräfte Input, was (und das ist oftmals sehr unterschiedlich und individuell) gewünscht und gebraucht wird. Es reicht nicht, die Verantwortung für die Gestaltung der Arbeitsprozesse und Rahmenbedingungen ausschließlich den Führungskräften aufzubürden. Vielmehr bedarf es eines Dialoges aller Betroffenen, um so möglichst viele Interessen „unter einen Hut“ zu bringen. Diesen Dialog zuzulassen bzw. zu initiieren und gleichzeitig für Veränderungen offen zu sein, liegt allerdings wieder in der Verantwortung der Führungskräfte.